EXPERTENINTERVIEW EXPERTENTELEFON \"Grüner Star\" am 30.9.2010
Warum bemerken die von einem Glaukom Betroffenen jahrelang nichts von ihrer Erkrankung?
- Dr. med. Volker Rasch: Die Schädigung der Netzhaut bzw. der Sehnervenfasern beginnt in Bereichen, die vom Sehzentrum - der so genannten Makula - etwas entfernt sind. Zudem ist der Gesichtsfeldausfall nicht gleich vollständig, sondern beginnt allmählich.
Warum gehen so wenig Bundesbürger zur Glaukom-Vorsorge?
- Dr. med. Volker Rasch: Die Gefahr wird unterschätzt, weil es beim Glaukom keine Frühwarnsysteme wie bei der Makula-Degeneration gibt.
Was kostet die Glaukom-Vorsorge eigentlich? Und sehen Sie Chancen, dass die Vorsorge auf absehbare Zeit von den Kassen übernommen wird?
- Dr. med. Volker Rasch: Die Kosten hängen vom Umfang der Diagnostik ab. Mit einer einmaligen Druckmessung und einem Blick auf den Sehnerven werden die meisten Glaukomformen im Frühstadium nicht erfasst. Eine umfangreiche Ausschlussdiagnostik ist diffizil und auch apparativ aufwendig. Wegen des hohen Kostenaufwandes ist es deshalb eher unwahrscheinlich, dass die Krankenkassen eine Glaukom-Vorsorge - es würde jeden Bürger über 40 betreffen - übernehmen werden.
Spezielle Augendiagnostikcenter bieten moderne Verfahren zur Glaukom-Früherkennung an. Wo finde ich diese Center?
- Dr. med. Volker Rasch: Moderne Augendiagnostikcenter, gut ausgestattete Vertragsärzte oder mit den Centern kooperierende Augenärzte sind inzwischen praktisch flächendeckend in Deutschland vorhanden.
Hat die Glaukom-Behandlung mit Tropfen Nebenwirkungen oder sind die modernen Wirkstoffe überwiegend nebenwirkungsfrei?
- Dr. med. Volker Rasch: Bei Nebenwirkungen ist zwischen denen der Wirkstoffe und denen der Konservierungsmittel zu unterscheiden. Einige Wirkstoffe können beispielsweise zu Kreislaufproblemen führen (Beta-Blocker), Pilokarpin durch die Verengung der Pupille zu brennenden Schmerzen, andere auch zu verstärktem Wimpernwachstum oder Lidhautpigmentierung.
Lässt sich mit einem operativen Eingriff der Grüne Star dauerhaft stoppen?
- Dr. med. Volker Rasch: Ziel von Glaukom-Operationen ist es, den Augendruck zu senken - entweder durch Verbesserung des Abflusses des Kammerwassers aus dem Auge oder durch Senkung der Kammerwasserproduktion. Es geht also um die Druckregulation! Nicht kalkulierbare, sehr unterschiedliche Narbenbildungen beim Patienten können den erzielten Effekt manchmal nach Jahren zunichte machen. Verlorengegangene Sehleistung, die Ausfälle im Gesichtsfeld, die Veränderungen am Sehnerv können aber auch operativ nicht rückgängig gemacht werden.
Der Grüne Star wird oft mit dem Grauen Star verwechselt. Wie unterscheiden sich diese Krankheitsbilder?
- Dr. med. Volker Rasch: Als Grauen Star bezeichnet man in Deutschland eine Trübung der Augenlinse, die sich operativ entfernen und durch eine Kunstlinse ersetzt werden kann. Die weltweit verbreitete Bezeichnung dafür ist übrigens Katarakt.
Kann die Veranlagung für ein Glaukom vererbt werden?
- Dr. med. Volker Rasch: Ja, in einigen Familien gibt es eine Häufung.
Sind Menschen mit Vorerkrankungen, wie etwa Diabetes Mellitus überdurchschnittlich gefährdet, ein Glaukom zu bekommen?
- Dr. med. Volker Rasch: Diese Frage kann ich nicht ohne weiteres bejahen. Denn das könnte bei sonst gesunden Menschen zu einer nicht zu verantwortenden Sorglosigkeit führen.
Eine andere häufige Augenerkrankung, die durch Vorsorge rechtzeitig erkannt werden kann, ist die so genannte Makula-Degeneration. Was versteht man darunter?
- Dr. med. Volker Rasch: Dabei kommt es zu geweblichen Veränderungen in der zentralen Netzhaut. Hierbei merken die Menschen aber im Gegensatz zum Glaukom deutlich eher Veränderungen wie das Sehen von Wellenlinien, Unschärfe oder Verzerren von Buchstaben beim Lesen.
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